Wilkhahn

Teamerfolg ist keine Frage des Geschlechts

Gutes Design kennt kein Geschlecht. Als die Designer:innen von PHOENIX den Konferenzsessel Intra für Wilkhahn entwarfen, war genau das die Idee: ein Konferenzsessel, der Hierarchien durchbricht und Geschlechterstereotype hinterfragt. Die organischen Formverläufe, die gemütliche Polsterung und die integrierten Bedienelemente symbolisieren ein modernes Verständnis von Führungskultur. Deshalb war Intra anfangs auch nur mit einer niedrigen Rückenlehne erhältlich. In einer Konferenz sollte es keinen Thron geben, sondern ausschließlich gleichberechtigte Teilnehmer:innen. Dass das Programm 295 mittlerweile um zwei Modelle mit hohem Rücken ergänzt wurde, steht symbolisch dafür, dass unsere Gesellschaft veraltete Strukturen noch nicht überwunden hat. Das erweist sich vor allem für Frauen als zentrale Herausforderung in der persönlichen und beruflichen Entwicklung.

Seit mehr als einem Jahrhundert wird am Weltfrauentag auf Frauenrechte aufmerksam gemacht und die Gleichstellung der Geschlechter gefordert. Anlässlich dessen haben wir gemeinsam mit PHOENIX Einzelstücke des Intra gestaltet. Structured and organic, bold and individual, wrapped and impulsive – die neuen Farb- und Materialkombinationen spiegeln die ursprüngliche Designidee durch das Bild einer selbstsicheren und entschlossenen Frau wider. 

Die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt ist ein entscheidender Faktor für eine gerechte und inklusive Gesellschaft. Julia Wilkening-Martin, Head of International Client Projects und Beiratsmitglied bei Wilkhahn, hat zusammen mit ihrem Team die Umsetzung der Entwürfe von PHOENIX verantwortet. Als Frau, Mutter von vier Kindern und in leitender Position haben wir sie nach ihren persönlichen Erfahrungen gefragt und warum die entscheidenden Plätze zwischen Frauen und Männern immer noch so ungleich besetzt sind. Every seat holds a story worth sharing …

Frau Wilkening-Martin, Sie sind Frau, Mutter und Führungskraft bei Wilkhahn. Welche Herausforderungen haben Sie auf Ihrem Weg überwinden müssen? 

Diese Frage habe ich mir am Anfang meiner Karriere ehrlicherweise nicht gestellt. Also: Welche gesellschaftlichen Vorstellungen könnten sich für mich als Frau als schwierig erweisen? Dass das vor allem jugendliche Naivität war, aber auch die Tatsache, dass meine Eltern mir diese Bedenken nicht vermittelt haben, wurde mir erst klar, als ich angefangen habe in Deutschland zu arbeiten. In England war es kein Thema, Frau zu sein, Mutter zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Auch meine Tagesmutter hat mir nie das Gefühl gegeben, dass ich mein Kind vernachlässige. Da gibt es den Ausdruck „Rabenmutter“ nicht, sondern das Verständnis: Tagesmütter sind ausgebildet, um sich um deine Kinder zu kümmern und du bist ausgebildet, währenddessen deinem Job nachzugehen. In England verzichtet man nach dem offiziellen Mutterschutz zudem dramatisch auf Geld. Deshalb gab es auch in meinem Freundeskreis wenige Frauen, die länger zu Hause geblieben sind. 

Auch das Phänomen des „Momshaming“ gab es für mich in London nicht. Sich vor anderen Müttern erklären zu müssen, warum man Kinder bekommt und weiter Vollzeit arbeiten und eine Führungsposition erreichen möchte. Und gleichzeitig klarzumachen, dass man als Frau und Mutter die gleiche Leistung zeigen kann, wie männliche Kollegen. Vielleicht sogar auch mal mehr, weil man effizienter sein muss. 

Es ist aber nicht nur eine Herausforderung, diesem gesellschaftlichen Bild zu entsprechen, sondern die damit verbundene Rolle automatisch annehmen zu wollen: die fürsorgende Mutter, die karrieretechnisch selbstverständlich zurücksteckt. Was ich immer schwierig fand, waren die grundsätzlichen Zweifel: Geht das überhaupt mit Kindern? Ich glaube nicht, dass mein Mann das jemals gefragt wurde. 

Die Vereinbarkeit von Kind und Karriere wird also von vielen Seiten direkt als Problem an Frauen herangetragen. Und alles, was du am Ende des Tages machen kannst, ist auf deinen Bauch und deinen Verstand zu hören und deinen Weg zu gehen.

 

Sie würden also sagen, dass Männer in einer Vaterrolle nicht mit diesen Zweifeln konfrontiert werden? 

Ich habe das Gefühl, dass die Vaterrolle häufig anders wahrgenommen wird. Beispiel: Wenn ein Termin länger dauert und eine Frau gehen muss, um die Kinder abzuholen, werden ihr gerne schlechtes Zeitmanagement und vielleicht auch Unzuverlässigkeit unterstellt. Verlassen Männer Meetings aus dem gleichen Grund, ist die Reaktion oft positiver, weil „der sich ja kümmert“. Natürlich ist das komplett überspitzt, aber ich glaube, dass das im Kern immer noch zutrifft. Vorstände und Geschäftsführungen sind weiterhin stark von Männern besetzt, die mit einer stereotypen Rollenverteilung aufgewachsen sind. Das beeinflusst ihr Verhalten natürlich. Deshalb werden Mütter im Job häufig in eine Schublade der „Nicht-voll-Belastbarkeit“ geschoben – ganz egal, welche fachlichen Kompetenzen sie haben.

Passend zum Intra-Moodboard von PHOENIX wählt Julia Wilkening-Martin Stoffe und Oberflächen aus. Foto: Ludwig Schoepfer/StudioTusch

Als Leiterin der Objektabteilung von Wilkhahn setzt sie gemeinsam mit ihrem Team komplexe internationale Kundenprojekte um. Foto: Ludwig Schoepfer/StudioTusch

Hirnforschung und Neurowissenschaft zeigen immer wieder, dass Frauen und Männer naturgemäß mit unterschiedlichen Kompetenzen ausgestattet sind. Wie können speziell Frauen in Führungspositionen die Arbeitswelt positiv verändern? 

Meine persönliche Erfahrung mit Frauen in Führungspositionen ist, dass sie zielorientiert und weniger motivorientiert handeln können. Das ist jetzt eine sehr pauschale Aussage für sehr individuelle Persönlichkeiten, aber ich habe vielfach erlebt, dass Frauen vor allem in kritischen Momenten die Fähigkeit haben, sich selbst zurückzunehmen. Mehr auf das Ziel hinzuarbeiten, anstatt sich in den Vordergrund zu stellen und die eigene Idee durchzusetzen. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, dass es um die Sache geht und nicht um persönliche Motive. 

Es gibt zudem mehrere Studien darüber, dass Frauen Männern bei führungsrelevanten emotionalen und sozialen Kompetenzen voraus sind. Ich denke, deshalb sind Unternehmen, die Frauen in Führungspositionen beschäftigen, oft auch diverser. Frauen neigen in meiner Erfahrung eher dazu, auf den menschlichen und fachlichen Fit für das Team oder Unternehmen zu schauen, als auf den Lebenslauf oder die Selbstvermarktung einer Person. Das machen Männer auch, keine Frage. Aber insgesamt sind Frauen sehr kompetent darin, harmonische und effiziente Teams aufzustellen.

 

Sie leiten bei Wilkhahn ein eigenes Team. Welche Vorbilder oder Mentor:innen haben Ihnen in der persönlichen und beruflichen Entwicklung geholfen? 

Ich hätte so gerne gesagt: Ja, da war diese eine Person, am besten natürlich eine Frau, die war mein Vorbild, der konnte ich folgen – aber, leider nein. Das macht mich auch ein bisschen traurig, weil ich glaube, dass Mentor:innen sehr wichtig sind. Es gab natürlich Personen, weiblich und männlich, die ich in Themen, wie Leadership und Persönlichkeitsentwicklung, aber auch in fachlicher Hinsicht, als herausragend wahrgenommen habe. Da habe ich mir einzelne Dinge angeschaut. 

Heute gibt es tolle Mentoring-Programme, auch im Bereich Frauenförderung, bei denen man Unterstützung und Austausch finden kann. In dem Punkt haben mich vor allem meine Eltern geprägt. Meine Mutter war Lehrerin und hat immer gearbeitet. Sie hat ganz klar dazu gestanden, dass sie das will und es für die Familie richtig ist. Ich glaube, wenn sie das nicht getan hätte, dann wäre die Selbstverständlichkeit, dass man arbeiten und Kinder haben kann, für mich nicht so einfach gegeben gewesen. Meinem Vater war immer wichtig, dass Fähigkeit und Einsatz zählen – und nicht Schönreden. Naturwissenschaftler eben. Von ihm habe ich gelernt: Wenn man Arbeit in etwas steckt, dann kommt irgendwann ein Ergebnis dabei heraus. Und manchmal muss man Geduld haben, aber aufgeben ist keine Option. 

Auch der Austausch im Freundeskreis hat mir geholfen. Von anderen Frauen gespiegelt zu bekommen, dass es nicht an mir liegt, dass alle mit Kindern und Karriere den gleichen Kampf kämpfen müssen. Ich hatte glücklicherweise Freundinnen, die so ähnlich gepolt waren, mit denen ich dann zusammen zu spät zum Kindergarten kam.

 

Hand aufs Herz: Kann man sich jemals vom schlechten Gewissen befreien – auch wenn es nicht immer das eigene ist? 

Ich habe mir anfangs oft eingeredet, dass meine Kinder leiden müssten, weil ich weniger zu Hause war, als vielleicht andere Mütter – und häufig wirklich die Letzte im Kindergarten. Irgendwann habe ich aber verstanden, dass sie das gar nicht tun. Dass es für meine Kinder auch gut ist, wenn ich arbeite. Nicht, weil ich dann aus dem Haus bin, sondern weil ich so ausgeglichener bin und meinen Perfektionismus nicht auf die Kinder übertragen muss, um irgendwas geschafft oder geschaffen zu haben. Ich habe drei Jungs und ein Mädchen und ich möchte, dass sie zu einer neuen Generation gehören, die all das überhaupt nicht infrage stellt. Die Jungs sollen lernen, dass sie genauso die Wäsche machen müssen, so wie mein Mann auch die Wäsche macht. Ich möchte, dass sie erwarten, dass eine Frau morgens das Haus verlässt. Und gleichzeitig möchte ich genau diese Mutter für meine Tochter sein und ihr klarmachen: Du sollst der einzige limitierende Faktor für deine Ambitionen sein, nicht deine Umwelt. 

Die Einzelstücke von Intra folgen unterschiedlichen Designideen. Das Konzept "wrapped and impulsive" spielt mit der Idee des Kosmopolitismus und steht für Wandel, Offenheit und Diversität. Foto: Ludwig Schoepfer/StudioTusch

Potenziale entfalten zu können, bedeutet, über sich hinauszuwachsen. Was müssen Unternehmen tun, um ihre Mitarbeiter:innen dabei zu unterstützen? 

Unternehmen sollten aus meiner Sicht die Förderung von Mitarbeiter:innen institutionalisieren. Gerade für den Mittelstand, wo eine große Notwendigkeit besteht, dass alle „über den Tellerrand“ schauen, weil es keine multiplen Strukturen gibt, ist das Erkennen und Nutzen von individuellen Kompetenzen so wichtig. 

In-House-Mentoring ist ein super Weg dafür, ist allerdings sehr zeitintensiv. Deshalb ist der direkte Vorgesetzte oft gar nicht geeignet, um diese Rolle zu übernehmen. Entsprechende Förder-Programme könnten den Wissenstransfer zwischen erfahrenen und weniger erfahrenen Mitarbeiter:innen ermöglichen. Zeitgleich würde man sicherstellen, dass Talente nicht übersehen werden und Chancen innerhalb des Unternehmens nicht ungenutzt bleiben.

 

Glauben Sie, dass auch bestimmte Vorurteile Frauen daran hindern, „Stühle“ in Führungspositionen zu besetzen?  

Ich habe den Eindruck, dass Frauen nach wie vor für emotionaler und damit auch für instabiler gehalten werden. Wenn man die Perspektive wechselt, könnte es aber auch einfach eine hohe emotionale Wahrnehmung sein. Die ich übrigens keinem Mann pauschal absprechen möchte. Ich halte das für einen enormen Vorteil für ein Unternehmen. Es geht ja nicht darum, dass ich dir erzähle, wie es mir geht, sondern dass ich auch wahrnehme, wie es dir geht. Und vielleicht nehme ich dadurch auch schneller wahr, wenn ein Team nicht funktioniert und kann herausfinden, warum das so ist. Indem ich beobachte, wie Leute zusammenarbeiten, die richtigen Fragen stelle und mir die Zeit nehme, es zu bewerten. Es braucht fachliche Kompetenz, um ein Unternehmen nach vorne zu bringen, aber eben bewiesenermaßen auch eine hohe emotionale Intelligenz, um die Menschen in einem Unternehmen an der richtigen Stelle einzusetzen und sie mitzunehmen. 

Leider sind die klassischen Management-Stile häufig geprägt davon, dass der Mensch in einem starren System funktionieren muss und man weniger das System hinterfragt, sondern eher den Menschen. Wo am Ende des Tages nur Leistung und Geld zählen und im Zweifel Personal ausgetauscht wird, bis die Zahlen stimmen. 

Kopf und Bauch zusammenzubringen ist für einen bestimmten Führungstyp total schwer. Und das sind häufig auch genau die Menschen, die immer wieder in Stereotype zurückfallen – und sich vielleicht sogar für inklusiv halten, weil sie Frauen einstellen, „obwohl“ sie Kinder haben und in Teilzeit arbeiten möchten.

 

Was bedeutet dieses überholte Denken am Ende für Unternehmen? 

Unternehmen werden sich diese Perspektive in Zukunft nicht mehr leisten können. Ich glaube, dass viele Firmen in den letzten Jahren großes Glück hatten, dass ihnen das nicht schon um die Ohren geflogen ist. Auch mit der kommenden Rentenwelle der Baby-Boomer werden wir als Gesellschaft ein großes Problem bekommen, wenn wir nicht endlich akzeptieren, dass Frauen so kompetent sind wie ihre männlichen Äquivalente und sich Kinder und Karriere kategorisch nicht ausschließen. Wenn Unternehmen weiter so einstellen, wird es irgendwann niemanden mehr zum Einstellen geben, weil die cleveren und gut ausgebildeten Frauen sagen: nicht unter den Bedingungen. Gerade, wenn dein Standort nicht Frankfurt oder Hamburg ist. Wenn hier kein Umdenken stattfindet, kann man die Zukunft eines ganzen Unternehmens aufs Spiel setzen.

 

Dabei bringen doch gerade Mitarbeiter:innen mit Kindern wertvolle Kompetenzen und Fähigkeiten mit? 

Man kann mittlerweile so viel Positives darüber lesen, welchen Mehrwert Eltern als Mitarbeiter:innen haben. Wenn du Mütter und Väter im Unternehmen hast, die es gewohnt sind, Dinge schnell zu entscheiden. Es gibt Momente, da habe ich persönlich auch mal das Gefühl, mir platzt mit all den Themen, um die ich mich zu Hause und bei der Arbeit kümmern muss, der Kopf. Ich habe aber auch die Fähigkeit zu entscheiden, was jetzt gerade am wichtigsten ist. Dieses automatische Priorisieren, weil du immer klar haben musst, was dringlich ist und was warten kann. Wenn ich zum Beispiel die Situation habe, dass ich weniger Stunden pro Woche arbeite, dann habe ich nicht den Luxus, mir Zeit lassen zu können. Der Tag hat dann eben nicht acht Arbeitsstunden, sondern vier oder fünf. Kolleg:innen, die eine reduzierte Stundenzahl arbeiten, haben daher in meiner Erfahrung oft einen sehr hohen Effizienzgrad. Das wissen aber viele nicht zu schätzen, weil sie eher die physische Abwesenheit sehen.

Die erfolgreiche Teamleistung wurde vor allem durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Beteiligten ermöglicht. Foto: Ludwig Schoepfer/StudioTusch

Neben Designentscheidungen wurde auch die technische Umsetzbarkeit der Einzelstücke sorgfältig geprüft. Foto: Ludwig Schoepfer/StudioTusch

Welche Veränderungen würden Sie vor diesem Hintergrund gerne in der Arbeitswelt sehen, um die Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern zu verbessern? 

Ich glaube, dass ein Fokus auf Output wichtig wird. Nicht auf die Anwesenheitszeit im Büro zu schauen, sondern auf den Beitrag, der geleistet wird. Dann ist es nämlich total egal, ob du Mutter oder Vater bist, oder kinderlos. Oder ob du freitags gerne frei hättest. Weil es dann nur noch wichtig ist, ob du mit deinen Kompetenzen an der richtigen Stelle eingesetzt bist. Aber das erfordert ein komplett neues Mindset. 

Darstellung ist leider häufig immer noch wichtiger als Leistung. Und darin müssen wir Frauen wohl noch besser werden: Tue Gutes und rede darüber. Das fällt mir selbst auch schwer. Ich kann super darüber reden, wie toll meine Kolleg:innen sind und mit was für einem tollen Team ich täglich arbeiten darf. Weil ich das leichter anerkennen und mich darüber ehrlicher und schneller freuen kann, als über eigene Erfolge. 

Männer klopfen sich auf die Schulter, das machen Frauen untereinander nicht. Wenn ich in meinem Umfeld Frauen und Männer beobachte, sind es selten die Frauen, die über ihre Erfolge sprechen oder sich verbal gegenseitig auf die Schulter klopfen. Understatement war immer Teil der Kultur, in der ich aufgewachsen bin – und das beobachte ich bei vielen Kolleg:innen auch. Aber daran kann man arbeiten. Meine Tochter ist jetzt sechs und sagt: Ich bin gut so, wie ich bin. Und ich würde ihr so sehr wünschen, dass das bleibt. Das ist aber auch meine Aufgabe – und gleichzeitig ein Appell an die Schulen und Ausbildungsstätten dieser Welt – das stärker zu fördern. Individualität zu fördern und fordern.

 

In vielen Bereichen der Gleichstellung von Mann und Frau wurden in den letzten Jahrzehnten Fortschritte gemacht.Welche Fortschritte beobachten Sie in Ihrem persönlichen Umfeld oder in der Gesellschaft?  

Ich finde es wichtig und richtig, dass die neue Generation von Frauen ganz klar sagt: Wir wollen das nicht und wir fordern ein, dass das patriarchale Konzept abgelöst wird. Die unermüdlich daran erinnert, dass Frauen in deutschen Aufsichtsräten immer noch dramatisch unterrepräsentiert sind. Wenn wir das Thema Gleichstellung nicht überstrapazieren, werden wir das neue Normal nie erreichen. Ganz egal, ob einige das für „hyperfeministisch“ halten. Für die Transformation ist das dringend notwendig, denn um komplexe Herausforderungen zu meistern, brauchen wir Diversität. Und natürlich ist es positiv, dass der Prozentsatz von Frauen in Aufsichtsräten angestiegen ist. Manchmal sagt mir mein Bauch aber auch, dass wir scheinbar nochmal 100 Jahre brauchen, bis beide Geschlechter endgültig gleichgestellt sind und das auch bei allen angekommen ist. Das hoffe ich aber nicht, es gibt zum Glück genug positive Beispiele. 

Stefanie Stanke verantwortet die Entwicklungspolsterei und ist maßgeblich in die Produktentwicklung bei Wilkhahn eingebunden. Foto: Ludwig Schoepfer/StudioTusch

Fatma Bayrak hat die Sitzschalen und Rückenlehnen der Intra-Unikate in Handarbeit gepolstert. Foto: Ludwig Schoepfer/StudioTusch

Wir haben jetzt viel über fachliche, emotionale und individuelle Kompetenzen gesprochen. Wie hat das jetzt in der Projektarbeit zu Intra funktioniert?  

Das Schöne an unserer Arbeit ist ja, dass sie zum Teil auch wunderbar kreativ sein kann. Auch jetzt wurden zwar Vorstellungen vom Designteam von PHOENIX kommuniziert, aber in der Umsetzung waren wir recht frei. Dieses Projekt haben wir gemeinsam mit unserer dualen Studentin Jil gemacht, weil ich wollte, dass sie ein Projekt verantwortet, in dem sie nicht nur zuarbeitet, sondern selbst gestalten kann. An diesem Beispiel kann man zeitgleich die Vielfalt dessen, was man an einem Produkt verändern kann und die Vielfalt der kommunikativen Schnittstellen erproben.

Zusammengearbeitet hat Jil mit Christoph, der die technische Umsetzung betreut hat, also Themen, wie und wo beziehen wir welche Materialien, wie muss das technisch eingespielt werden, wer muss wie und wann informiert werden, denn Sonderproduktionen werden in der Produktion anders bearbeitet, als die normalen Preislistenprodukte. In dem ganzen Prozess ging es also für beide um eine Kombination aus fachlicher und emotionaler Kompetenz.  Zusätzlich spielten Stefanie in der Entwicklungspolsterei und Fatma in der Produktion eine entscheidende Rolle. Stefanie brachte ihre Expertise in der Entwicklung von Polsterungen ein, während Fatma maßgeblich an der Produktion beteiligt war. Es war wichtig zu wissen, wer mit welchen Kompetenzen, an welcher Stelle, den richtigen Input geben kann. Das heißt: Alle Beteiligten abholen, viel absprechen, verstehen und mitnehmen. Dass die Stühle hier nun stehen, ist eine wirklich tolle Team-Leistung!

 

Letzte Frage: Welchen Rat würden Sie Ihrem jüngeren Ich heute mit auf den Weg geben? 

Nicht entmutigen lassen, nicht alles persönlich nehmen, und kontern!

 

Vielen Dank für das offene Gespräch!

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