Guter Freund und brillanter Gestalter

13.03.2019
Friso Kramer im Gespräch mit Jochen Hahne 2015. Foto: Wilkhahn

Die Zusammenarbeit von Wilkhahn mit Friso Kramer begann schon Anfang der 1960er Jahre. Der damalige Wilkhahn-Chef Fritz Hahne hatte in einer Architekturzeitschrift  den für die Ahrend-Gruppe entworfenen Revolt-Chair entdeckt, einen einfachen und dennoch raffinierten Mehrzweckstuhl. Aus dem Kennenlernen bei einem niederländischen Wilkhahn-Handelspartner wurden erfolgreiche gemeinsame Projekte und eine lebenslange Freundschaft. Das war durchaus ungewöhnlich in einer Zeit, in der aufgrund der verheerenden Zerstörungen des 2. Weltkriegs in den Niederlanden noch viele Ressentiments gegenüber Deutschland herrschten.

Legendär: Das Wartebankprogramm 1200 nach dem Design von Friso Kramer, das unter anderem 1972 im Olympiabahnhof München Einzug hielt. Foto: Wilkhahn
Macht auch als Zweisitzer eine gute Figur: Das Bankprogramm 1200 nach dem Design von Friso Kramer. Foto: Wilkhahn

Die Entwürfe von Friso Kramer für Wilkhahn-Stühle mit geräumigen, wunderschön geformten und luxuriös gepolsterten Sitzschalen aus glasfaserverstärktem Kunststoff machten Kunststoff-Stühle für die Management-Etagen der Wirtschaft salonfähig. Erstmalig kombinierte Kramer für Wilkhahn bei Stuhlentwürfen auch Holzgestelle mit GFK-Schalen. Wegweisend jedoch wurde das Banksystem 1200 von 1967, das zunächst in Wartebereichen von Hotels, Hochschulen und Unternehmen eingesetzt wurde und dann mit dem Münchener U-Bahnnetz zur Olympiade seinen Durchbruch für die Einrichtung von öffentlichen Transitzonen und Wartebereichen feierte.

Friso Kramer (links) mit Ehefrau Netti (rechts) und Gisela Hahne (Mitte). Foto: Wilkhahn
Friso Kramer (links) mit Gisela Hahne (Mitte) und Ehefrau Netti (rechts). Foto: Wilkhahn

Die freundschaftliche Verbundenheit zu Wilkhahn und zur Familie Hahne dauerte bis zum Ende des langen Lebens von Friso Kramer. Noch 2015 nahm er an einer Ausstellungseröffnung für historische Exponate aus der Wilkhahn-Geschichte im Wilkhahn-Showroom in der Van Nelle Fabriek in Rotterdam teil. Am 17. Februar 2019 ist Friso Kramer im Alter von 96 Jahren in Amsterdam an den Folgen einer Lungenentzündung verstorben. Wir trauern mit seiner Frau Netti um den Verlust eines brillanten Gestalters und guten Freundes!

Gepolsterter Drehstuhl mit GFK-Schale nach einem Entwurf von Friso Kramer. Foto: Wilkhahn
Ungewöhnliche Kombination eines Holztraggestells mit einer GFK-Schale. Stuhl von Friso Kramer für Wilkhahn. Foto: Wilkhahn
Die feine Linienführung des Holzgestells kommt in der Kombination mit der GFK-Schale besonders schön zum Ausdruck. Stuhl von Friso Kramer für Wilkhahn. Foto: Wilkhahn

Friso Kramer – biografisches:

 

Friso Kramer wurde am 13.August 1922 als Sohn des Architekten Piet Kramer in Amsterdam geboren. Er besuchte zunächst die Montessori-Schule, danach die Industrieschule sowie die Schule für Elektrotechnik. Im Anschluss studierte er Innenarchitektur am Institut für Kunstgewerbe-Unterricht in Amsterdam (Instituut voor Kunstnijverheidsonderwijs).

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann Kramers berufliche Karriere als Mitarbeiter im Architekturbüro von Jan Piet Kloos, zudem arbeitete er kurze Zeit mit dem Frans Paulussen-Büro für Innenarchitektur zusammen. Von 1948 bis 1963 war er als Designer bei der Stahlmöbelfabrik De Cirkel angestellt. 1963 gründete er gemeinsam mit Wim Crouwel, Benno Wissing, Paul und Dick Schwartz das bekannte Designbüro Total Design. Von 1971 bis 1983 war er zudem Artdirektor und Stabsmitarbeiter der Ahrend Gruppe.

Friso Kramer gehört zu den großen holländischen Namen in der Entwicklung des Industriedesigns und bekleidete eine Vielzahl einflussreicher Ämter. So war er Direktoriumsmitglied bei der Rietveld Akademie, im Amsterdamer Kunstrat und der Stiftung Industrielles Bauen Niederlande Boosting. Er war Mitglied des niederländischen Rat für Industriedesign und des Internationaal Design Consortium. Als Gastdozent lehrte er an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in Den Haag, zudem war er ein gefragter Preisrichter bei internationalen Designwettbewerben.

Das Stedelijk Museum für Moderne Kunst in Amsterdam widmete Friso Kramer 1977 und 1978 eine Übersichtsausstellung seiner Arbeiten. 1991 folgte eine Ausstellung zu seinem Werk im Museum Boymans van Beuningen in Rotterdam. In diesem Jahr erschien auch das Buch „Friso Kramer Industrie-Design“ („Friso Kramer Industriële Vormgeving“). 1994 wurde er von der damaligen Königin Beatrix zum Offizier des Ordens von Oranje-Nassau ernannt.

 

 

Die Plattform MidMod-Design widmete Friso Kramer vor einer Weile ein eigenes Special.

Im redaktionellen Spezial der if-Awards zu historischem Design für den öffentlichen  Raum wird die Bank 1200 besonders gewürdigt.

 

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