Learning from the Bauhaus: Wilkhahn und die Bauhaus-Schüler

22.02.2019
Das Wilkhahn-Verwaltungsgebäude nach den Plänen von Bauhausschüler Herbert Hirche in Eimbeckhausen (1959) stand Pate für das Signet, mit dem Wilkhahn seine Publikationen und Veranstaltungen rund um das Bauhaus-Jubiläum kennzeichnet.

Wilkhahn gehört zu jenen mittelständischen Unternehmen, die mit jeder Generation ein Stück weit über sich hinauswachsen: 1907 von Christian Wilkening und Friedrich Hahne als Manufaktur für Buchenholzstühle gegründet, steht die Zeit seit dem Eintritt des Gründersohns Fritz Hahne in das Unternehmen 1947 schnell ganz im Zeichen des Designs. Eines Begriffs, der erst in der Nachkriegszeit zu seiner heutigen Bedeutung gelangte.

Fritz Hahne (rechts) auf dem Gelände des künftigen Zweigwerks in Espelkamp, 1954.

Das Erbe der legendären Gestalterschule Bauhaus liegt damals brach. Viele frühere Bauhauslehrer wie Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe waren emigriert oder ins innere Exil gegangen. Inge Scholl, die Schwester der von den Nationalsozialisten ermordeten Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl, gründet mit ihrem Schulfreund Otl Aicher eine Stiftung zum Gedenken an die Geschwister, aus der in der Folge die Hochschule für Gestaltung HfG Ulm hervorgeht. Bindeglied zwischen dem Bauhaus und der HfG Ulm ist der ehemalige Bauhausschüler Max Bill, der sich vor und während des Kriegs bereits international einen Namen gemacht hat und seit 1938 Mitglied des CIAM Congrès International d’Architecture Moderne ist. Er holt frühere Bauhauslehrer wie Josef Albers, Johannes Itten, Walter Peterhans oder Helene Nonné-Schmidt nach Ulm; Ludwig Mies van der Rohe besucht den Campus, und Bauhaus-Gründer Walter Gropius eröffnet die von Bill entworfenen HfG-Gebäude auf dem Ulmer „Kuhberg“ im Oktober 1955.

Flexor-Sessel von Georg Leowald, 1954. Den außerordentlichen Sitzkomfort verdankten sie einer unter dem Sitz angeordneten Torsionsfeder Fiberglas-Stäben – in der Polstermöbelindustrie damals eine absolute Neuheit.

Wilkhahn arbeitet zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Moderne verpflichteten Gestaltern wie dem Architekten Georg Leowald zusammen, der sich in der Tradition des Bauhaus‘ sieht. Später wird er selbst Lehrer an der HfG Ulm (1957-59). Von Leowald stammt beispielsweise der neuartige Flexor-Sessel für Wilkhahn (1954) mit einer unter dem Sitz angeordneten Torsionsfeder aus Fiberglas-Stäben. Er wird das Designverständnis und die Experimentierfreude des Unternehmens vor allem hinsichtlich innovativer Materialien nachhaltig prägen. Auch mit anderen Architekten wie dem ehemaligen Bauhaus-Schüler und langjährigen Mitarbeiter von Mies van der Rohe, Herbert Hirche, kommt Fritz Hahne in den fünfziger Jahren in Kontakt. In der Kooperation mit Hirche vollzieht sich beispielhaft die Transformation des Unternehmens vom Stuhlhersteller zum Objekteinrichter: Es entstehen nicht mehr nur einzelne Stühle, sondern vollständige Produktfamilien aus Stühlen, Tischen, Sesseln und Sofas; gleichzeitig beginnt das Unternehmen ganze Einrichtungen von Bildungsstätten über Büros und Pflegeeinrichtungen bis hin zu Veranstaltungs- und Verkehrsbauten auszustatten. Programmatisch steht dafür die Polstermöbel-Serie 480 von Herbert Hirche, der später auch den neuen Verwaltungsbau für Wilkhahn entwirft (1959).

Herbert Hirche gestaltete 1957 das umfangreiche Polstermöbel-Programm 480 mit geradlinigen, zierlich anmutenden Massivholz-Gestellen (unten). Als Variante hatten die Sessel 486 Füße aus formgepressten Schichtholz.

Die Zusammenarbeit mit Georg Leowald vertieft die Verbindung zur HfG Ulm, hier erlernt Wilkhahn neue Methoden zur Entwicklung innovativer und langlebiger Produkte. Mit „Ulmer“ Lehrern und Schülern, wie Tomás Gonda, Herbert Ohl, Wilhelm Ritz, Klaus Franck und Hans „Nick“ Roericht, entstehen in den Folgejahren Meilensteine im Corporate Design, in der Produktentwicklung und im Verständnis unternehmerischer Verantwortung.

Die späteren Fabrikbauten von Wilkhahn, entworfen von den Architekten Frei Otto (1988) und Thomas Herzog (1992), bestätigen den Anspruch, das Erbe der Moderne immer wieder neu für die Zukunft zu transformieren. Deshalb stellt Wilkhahn die Aktivitäten zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum unter das Motto „Learning from the Bauhaus“: Dessen ganzheitlicher, interdisziplinärer Gestaltungsanspruch gepaart mit gesellschaftlichem Engagement erscheint heute aktueller als je zuvor.

Polstermöbel ohne Pomp: Kollektion 852, 1956.
Wie alle Stuhl"fabriken" in der Region war auch Wilkening & Hahne bis Mitte der Fünfziger im Grunde genommen ein großer Handwerksbetrieb.

 Artikel der Serie „Learning from the Bauhaus“

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