Wolfgang C.R. Mezger, geb. 1951, studierte, nach etlichen musikalischen Projekten und einer Ausbildung zum Typografen, Industriedesign an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd.
Nach freiberuflicher Tätigkeit gründet er 1983 das DesignBüro Wolfgang C.R. Mezger. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als selbständiger Designer für internationale Top-Firmen in USA, Großbritannien, Italien, Holland, Österreich, Schweiz und Deutschland, nimmt er Lehraufträge an verschiedenen Designhochschulen in Berlin, London und Schwäbisch Gmünd wahr. Seit 2007 befindet sich das Büro in Göppingen, wo er mit seinem Team vielfältige, innovative Produkte entwickelt. Davon zeugen bis heute mehr als 80 internationale Designpreise.
Herr Mezger, Sie haben in Ihrer Karriere bereits über 333 Produkte realisiert. Was ist das faszinierende daran, einen Stuhl zu entwerfen?
Grundsätzlich ist der Stuhl die größte Herausforderung für einen Gestalter überhaupt, sei er nun Designer oder Architekt. Der Stuhl ist sozusagen die Königsdisziplin sämtlicher Gestaltungsaufgaben. Er ist gleichzeitig Funktion und Skulptur, Technik und Poesie. Er ist optisch wirkungsvoll und wir müssen ihm gestatten uns aufnehmen zu dürfen. Es wird ein fast intimes Verhältnis hergestellt, indem wir diesem „Ding“ unseren Körper anvertrauen. Genau deshalb, wegen all dieser Parameter, fasziniert und fesselt uns dieses spannende Thema und wir sind mit Enthusiasmus dabei, Stuhl und Stuhlprogramme in all ihren Facetten zu entwerfen.
Aula ist nun der erste Stuhl, den Sie für Wilkhahn entworfen haben. Ein stapelbarer Universalstuhl aus Vollkunststoff, das klingt knifflig. Was waren da die größten Herausforderungen?
Hierzu muss zuerst eine klare Trennlinie gezogen werden. Es gibt ja unzählige Plastikstühle, auch unter dem Namen Monoblockstühle bekannt, die mindestens in jeder zweiten Außengastronomie auftauchen. Auch gibt es eine Vielzahl an Plastikstühlen, die den Fashionmarkt bedienen. Die hier vorgestellte Konzeption bedient ganz andere Zielgruppen, z.B. in Verwaltung, Büros, öffentlichen Gebäuden und Veranstaltungsorten etc. Gefordert wird hier absolut anspruchsvolle Qualität und höchster Designanspruch – das ist dann nicht mehr Plastik sondern im Wortsinne Kunststoff.
Um dem Namen Universalstuhl gerecht zu werden, muss Aula modular aufgebaut sein; alle Ausführungen sind stapelbar, der Stuhl kann mit und ohne Armteile eingesetzt werden, außerdem sind unterschiedliche Farbkombinationen und Polsterausführungen möglich, perspektivisch sogar unterschiedliche Materialien. Die größte Herausforderung war es, all diese Funktionen auf elegante Art in das Produkt zu integrieren und zur Produktionsreife zu bringen. Überhaupt dem Senkrechtstapler solch filigrane Querschnitte zu verpassen – und dies ohne jeglichen Einsatz von Metalleinlegern –, war von Anfang an frech und herausfordernd, aber von uns unbedingt gewollt. Man kann sich vorstellen, dass hier etliche Versuche des subtilen Herantastens notwendig waren, um das Limit des Machbaren zu erreichen.